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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Juni 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer: Musterverfahren ist entschieden

2.

Getrennte Büroetage im Zweifamilienhaus als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren?

3.

Beendigung der Nutzung fremder Wirtschaftsgüter: Aufdeckung stiller Reserven?

4.

Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

5.

Grundstückskaufverträge: Option zur Umsatzsteuer, aber richtig!

6.

Gesamtbild des Prospekts ist bei Fehlerbeurteilung maßgeblich

7.

Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

8.

Wann ist eine Tatsache dem Finanzamt nachträglich bekannt geworden?

9.

Private Steuerschulden im Todesjahr sind abziehbare Nachlassverbindlichkeiten

10.

BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

11.

Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb

12.

Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

13.

Eigene Geschäfte des Arbeitnehmers mit Kunden rechtfertigt fristlose Kündigung

14.

Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

15.

Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

16.

Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

17

Bankmitarbeiter haften nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

18.

Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

19.

Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung



1. Werbungskostenabzug bei Abgeltungssteuer: Musterverfahren ist entschieden

Kernproblem
Zum 1.1.2009 wurde die Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge eingeführt. Seitdem werden die meisten privaten Kapitalerträge mit 25 % Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belastet. Hiervon ausgenommen sind u. a. Kapitalerträge zwischen nahen Angehörigen oder Zahlungen von Kapitalgesellschaften an ihre zu mindestens 10 % beteiligte Anteilseigner. Für viele hat die Abgeltungssteuer Vorteile gebracht, insbesondere wenn der persönliche Steuersatz höher ist. Für andere verbleibt im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Veranlagungsoption. Einen großen Nachteil hat die Einführung jedoch mit sich gebracht: Ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ist nicht mehr möglich. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR je Person ist abzugsfähig. Ob das Abzugsverbot auch Werbungskosten betrifft, die zwar nach Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 verausgabt wurden, aber im Zusammenhang mit früheren Einnahmen stehen, war Anlass eines Musterverfahrens vor dem Finanzgericht.

Sachverhalt
Der Kapitalanleger hatte im Streitjahr 2010 Kapitaleinkünfte in Höhe von 11.000 EUR erklärt. Im Rahmen einer Selbstanzeige, die die Jahre 2002 bis 2008 betraf, hatte er jedoch Steuerberatungskosten in Höhe von 12.000 EUR im Jahr 2010 aufgewendet, die bei Verrechnung zu einem Verlust führen würden. Nach der in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) geäußerten Verwaltungsauffassung fallen die ab dem Jahr 2009 aufgewendeten Werbungskosten jedoch auch unter das Abzugsverbot, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen. Weil das Finanzamt sich hierauf berief, wurde die Klage des Kapitalanlegers beim Finanzgericht Köln anhängig.

Entscheidung
Die Finanzrichter gaben der Klage statt und begründeten dies insbesondere mit dem Wortlaut der Anwendungsregelung des Gesetzes. Diese sehe ausdrücklich vor, dass die entsprechenden Vorschriften der Abgeltungssteuer erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden seien. Weil hier 2 Besteuerungssysteme nebeneinander zur Anwendung kämen, gewährte der Senat daneben auch den Sparer-Pauschbetrag. Der sich daraufhin ergebende Verlust steht nach Auffassung des Finanzgerichts auch zur Verlustverrechnung mit anderen Einkünften zur Verfügung, denn die im Gesetz eingeführte Verlustabzugsbeschränkung (Verrechnung lediglich mit zukünftigen Kapitaleinkünften möglich) komme wiederum nur für Kapitalerträge zur Anwendung, die nach 2008 zugeflossen seien.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Es ist zu vermuten, dass diese ebenso anhängig wird wie bereits ein Urteil des FG Düsseldorf mit gleichem Ergebnis. Was an der Entscheidung verblüfft, ist die Gewährung des Sparer-Freibetrags, denn nach altem Recht durfte der Freibetrag negative Einkünfte nicht erhöhen.

2. Getrennte Büroetage im Zweifamilienhaus als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren?

Kernproblem
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer unterliegen grundsätzlich einem steuerlichen Abzugsverbot. Ein eingeschränkter Abzug von bis zu 1.250 EUR gilt nur, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hiervon profitieren nicht nur Lehrer, sondern insbesondere Außendienstler oder nebenberuflich Tätige. Ein uneingeschränkter Abzug aller Kosten verbleibt in Ausnahmefällen nur bei solchen Steuerpflichtigen, die den (qualitativen) Mittelpunkt ihrer Betätigung im Arbeitszimmer haben. Geht man davon aus, dass eine Vielzahl von Berufen den Kern der Tätigkeit beim Kunden, Mandanten oder Patienten ausüben, bleibt für den Komplettabzug meist kein Raum. Da wundert es nicht, dass der Versuch unternommen wird, den unbestimmten Rechtsbegriff des "häuslichen Arbeitszimmers" zu umgehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu auch mehrmals Hoffnung gemacht, u. a. wenn die Räumlichkeiten für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet sind (z. B. bei Arztpraxen im Einfamilienhaus). Auch eine weitere in einem Mehrfamilienhaus befindliche und als Arbeitsraum genutzte Wohnung kann den Bezug zur Privatwohnung verlieren. Um diese letzte Fallgestaltung herum rankt sich ein weiteres Urteil.

Sachverhalt
Betroffen war ein angestellter Arzt, der freiberuflich als Erfinder Einkünfte erzielte und hierfür ein Büro im Obergeschoss des von ihm und seiner Familie bewohnten Zweifamilienhauses unterhielt. Der Zugang war ihm von der Wohnung im Erdgeschoss nicht unmittelbar sondern nur über eine eigene Eingangstür und separaten Treppenaufgang möglich. Das Finanzgericht ließ nach einer Klage des Erfinders den uneingeschränkten Abzug zu. Das Finanzamt ging jedoch in Revision und bekam Recht.

Entscheidung
Der BFH beurteilte auch diese Fallgestaltung als häusliches Arbeitszimmer und schränkte den Betriebsausgabenabzug ein. Entscheidendes Merkmal bleibt die Einbindung des Arbeitsraums in die häusliche Sphäre, d. h. die Zugehörigkeit zur Wohnung. Dabei sei eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung nach Auffassung der Richter nicht erforderlich, denn auch Mansardenzimmer oder Kellerräume ständen als Zubehörräume noch in einer räumlichen Verbindung. Eine Durchbrechung des inneren Zusammenhangs setze regelmäßig voraus, dass das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen sei. Denn nur in diesem Fall werde die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus gelöst. Das gelte unabhängig von dem Abschluss separater Mietverträge (wie im Streitfall).

Konsequenz
Bei Arbeitsräumen im eigenen Ein- oder Zweifamilienhaus wird die Einbindung in die häusliche Sphäre nach der Rechtsprechung des BFH etwa auch durch (dauerhaften) Publikumsverkehr oder die Beschäftigung von nicht familienangehörigen Teilzeitkräften aufgehoben oder überlagert. Solche Fälle versprechen Aussicht auf Erfolg.

3. Beendigung der Nutzung fremder Wirtschaftsgüter: Aufdeckung stiller Reserven?

Kernaussage
Baut ein Steuerpflichtiger auf fremdem Grund und Boden und nutzt das hergestellte Gebäude zum Zwecke der Einkunftserzielung, hat er die Herstellungskosten des Gebäudes "wie ein Wirtschaftsgut" zu aktivieren und wie ein Gebäude abzuschreiben. Endet die Nutzung des Gebäudes, bevor die Herstellungskosten vollständig durch Abschreibungen aufgezehrt sind, sind diese Kosten erfolgsneutral auszubuchen.

Sachverhalt
Der Kläger baute auf einem Grundstück, das ihm und seiner Frau zu hälftigem Miteigentum gehörte, ein Gebäude, das er als Schreinerei nutzte. Die Herstellungskosten für dieses Gebäude wurden aktiviert. Um die Erbfolge vorwegzunehmen, gründete der Kläger mit seinen beiden Söhnen, den weiteren Klägern, eine GbR, in die die Schreinerei eingebraucht wurde. Grundstück und Gebäude behielt der Kläger allerdings zurück. Unmittelbar nach Gründung der GbR wurde die Schreinerei in eine schon bestehende GmbH eingebracht. Der Geschäftswert wurde von der GbR an die GmbH verpachtet. Der Kläger und – soweit sie zivilrechtlich am Grundstück und dem Gebäude berechtigt war – seine Ehefrau verpachteten das Grundstück nebst Gebäude an die GmbH. Sämtliche Kläger behandelten die Pachteinnahmen des Klägers zu als Sonderbetriebseinnahmen bei der GbR. Im Rahmen einer sich anschließenden Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt allerdings die Auffassung, auch der Geschäftswert der Schreinerei sei mit auf die GmbH übergegangen und die GbR habe damit eine logische Sekunde nach ihrer Gründung aufgehört zu existieren. Daher habe der Kläger keine Sonderbetriebseinnahmen bei der GbR, sondern habe das Grundstück und das Gebäude aus dem Betriebsvermögen entnommen und den Entnahmegewinn zu versteuern.

Entscheidung
Nach nur teilweise erfolgreicher Klage vor dem Finanzgericht legten die Kläger Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) ein. Dieser entschied, dass in der vorliegenden Gestaltung grundsätzlich eine Betriebsaufgabe zu sehen sei. Allerdings seien die stillen Reserven nicht bei der Berechnung des Aufgabegewinns zu berücksichtigen, soweit sie auf den Miteigentumsanteil der Ehefrau am Gebäude entfielen. Denn insoweit habe der Kläger keine Entnahme getätigt, das Nutzungsrecht am Gebäude sei untergegangen. Daher sei eine Gewinnrealisation insoweit nicht gegeben. Allerdings seien die bis dato noch nicht abgeschriebenen Herstellungskosten erfolgsneutral auszubuchen, sodass es auch nicht zu einem Verlust kommen konnte.

Konsequenzen
Mit der Entscheidung hat der BFH abermals klargestellt, dass bei einem Steuerpflichtigen, der auf fremdem Grund baut, nicht das Gebäude selbst aktiviert wird. Vielmehr ist ein durch die Herstellung erworbenes Nutzungsrecht "wie ein Wirtschaftsgut" zu behandeln, zu aktivieren und nach Gebäudegrundsätzen abzuschreiben. Endet die Nutzung sind verbleibende Kosten erfolgsneutral auszubuchen.

4. Löst der Verzicht des GmbH-Gesellschafters auf Mehrstimmrecht Schenkungssteuer aus?

Kernaussage
Verzichtet ein Gesellschafter einer GmbH auf ein ihm persönlich zustehendes Mehrstimmrecht, liegt darin auch dann keine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter der GmbH, wenn sich der Wert von deren Anteilen an der GmbH dadurch erhöht.

Sachverhalt
Der Vater der Kläger gründete im Jahr 1984 eine GmbH, an der er zu 97 % beteiligt war. Im Jahr 1993 wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass seine Stimmrechte unabhängig von den gehaltenen Geschäftsanteilen mindestens 51 %, die der anderen Gesellschafter höchstens 49 % der Gesamtstimmenzahl betragen. Im Januar 1994 übertrug der Vater den Klägern unentgeltlich jeweils 24 % der Geschäftsanteile an der GmbH, wobei die übertragenen Anteile keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermittelten. Bei einer Kapitalerhöhung im Dezember 2000 wurde im Gesellschaftsvertrag die Gleichstellung der Stimmrechte aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung vereinbart. Das Mehrstimmrecht des Vaters entfiel. Das Finanzamt sah in dem Verzicht des Vaters eine freigiebige Zuwendung an die Kläger und setzte daraufhin Schenkungsteuer fest, wogegen diese klagten.

Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Diese Ansicht teilte auch der Bundesfinanzhof (BFH). Erforderlich für eine Schenkung unter Lebenden ist eine Vermögensverschiebung, d. h. eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers und eine Vermögensmehrung beim Bedachten. Die Vermögensverschiebung zwischen dem Schenker und dem Bedachten muss sich auf die Vermögenssubstanz beziehen. Die Vermehrung der Vermögenssubstanz beim Bedachten kann dabei sowohl durch den Zugang aktiver Vermögensgegenstände als auch durch den Wegfall negativer Vermögensgegenstände sowie den Erhalt von Gebrauchs- oder anderen Nutzungsmöglichkeiten geschehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt demgegenüber nicht. Erhöht sich lediglich der Wert des Vermögens des Bedachten, wie etwa der Wert ihm gehörender Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so reicht dies ebenfalls nicht zur Verwirklichung des schenkungsteuerlichen Tatbestands aus.

Konsequenz
Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt nicht, um eine Schenkung zu begründen. Die bloße Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft fällt zudem nicht unter den Schenkungsteuertatbestand (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der Gesetzgeber hat im Gesetz die Voraussetzungen, unter denen die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als Schenkung gilt, gesondert geregelt.

5. Grundstückskaufverträge: Option zur Umsatzsteuer, aber richtig!

Einführung
Grundstücksverkäufe an Unternehmer können als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (i. W. GiG) oder als "normale" steuerfreie Veräußerung zu behandeln sein. Von Bedeutung ist diese Differenzierung im Hinblick auf eine mögliche Berichtigung der im Zusammenhang mit dem Objekt geltend gemachten Vorsteuer (nach § 15a UStG). Bei der GiG ergibt sich keine Vorsteuerberichtigung für den Verkäufer, da der Erwerber in dessen "Fußstapfen" tritt und das Vorsteuerkorrekturpotential fortführt. Liegt hingegen keine GiG vor ist der Verkauf steuerfrei. Eine Korrektur der Vorsteuer zuungunsten des Verkäufers kann dann nur durch eine Option zur Umsatzsteuer vermieden werden (§ 9 Abs. 1 UStG) Gehen die Vertragsparteien davon aus, dass der Verkauf als GiG zu behandeln ist, wird häufig zusätzlich eine Umsatzsteuerklausel vereinbart, wonach zur Umsatzsteuer optiert wird, um eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden, falls die Finanzverwaltung den Verkauf nicht als GiG qualifiziert.

Aktuelle Rechtslage
Die aktuelle Rechtsauffassung lässt eine Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Jahr des Vertragsabschlusses zu. Diese tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist des entsprechenden Umsatzsteuerbescheides ein. Bisher beinhalteten die Umsatzsteuerklauseln häufig nur eine bedingte Option zur Umsatzsteuer, die dann eintrat, wenn die Finanzverwaltung die GiG endgültig abgelehnt hatte. Aufgrund der geänderten Rechtslage wird nunmehr zu einer unbedingten Option geraten, da befürchtet wird, dass aufgrund Eintretens der formellen Bestandskraft die bedingte Option ins Leere läuft. Eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zu dieser wichtigen Frage fehlte bisher.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. bestätigt nun, dass nur die unbedingte Option vor einer Vorsteuerberichtigung schützt. Eine unbedingte Option liegt dann vor, wenn die Vertragsparteien im notariellen Kaufvertrag die unbedingte Option zur Umsatzsteuer nach § 9 Abs. 1 UStG erklären und gleichzeitig vereinbaren, dass der Grundstücksverkauf als GiG zu behandeln ist.

Konsequenzen
Auch wenn es sich grundsätzlich widerspricht, 2 Dinge gleichzeitig zu vereinbaren, die sich gegenseitig ausschließen, so ist der Finanzverwaltung zu folgen. Umsatzsteuerklauseln, die eine Berichtigung der Vorsteuer bewirken sollen, müssen unbedingt vereinbart werden.

6. Gesamtbild des Prospekts ist bei Fehlerbeurteilung maßgeblich

Kernaussage
Für die Beurteilung der Schadensersatzpflicht aufgrund eines Prospektfehlers kommt es nicht isoliert auf eine einzelne Bestimmung, sondern das Gesamtbild des Prospekts an.

Sachverhalt
Der Kläger beteiligte sich auf der Grundlage eines Prospekts im Jahr 1993 an einem geschlossenen Immobilienfonds. Organisiert war der Fonds als GbR. Im Prospekt hieß es zur Haftung der Gesellschafter: "Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Diese Haftungsbeschränkung hat die Geschäftsführung/der Geschäftsbesorger der Gesellschaft durch Aufnahme entsprechender Vereinbarungen in die Verträge mit Dritten sicherzustellen. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt. Darüber hinaus haften die Gesellschafter nur quotal entsprechend ihrer Beteiligung." Nach Liquiditätsschwierigkeiten wurde der Fonds liquidiert. Der Kläger musste einen Verlustanteil von 83.000 Euro tragen. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz vom Gründungsgesellschafter, da der Prospekt fehlerhaft sei. In dem Prospekt werde der Eindruck erweckt, dass das Fondsgrundstück vorrangig vor den Gesellschaftern hafte.

Entscheidung
Der BGH entschied in letzter Instanz, dass kein Prospektfehler und damit kein Schadensersatzanspruch besteht. Es wurde nicht der Eindruck in dem Prospekt erweckt, dass die Gesellschafter erst nach der Grundstücksverwertung in Anspruch genommen werden können. Denn dem Wort "zunächst" kommt nicht nur die Bedeutung "zeitlich vorrangig" zu, sondern es kann auch im Sinne einer abstrakten Reihenfolge bzw. einer Aufzählung zu verstehen sein. Im Übrigen ist das Gesamtbild des Prospekts entscheidend. Hier kam nicht zum Ausdruck, dass die Gesellschafter erst nach der Grundstücksverwertung haften.

Konsequenz
Der BGH zeigt sich nicht anlegerfreundlich. Die Entscheidung liegt jedoch auf der bisherigen Linie, dass nicht isoliert missverständliche Passagen eines Prospekts zum Schadensersatz führen.

7. Wann könne sich Arbeitnehmer auf Schriftformverstoß berufen?

Kernaussage
Scheidet ein Arbeitnehmer, der unbedingt und schnell zu einem anderen Unternehmen wechseln möchte, lediglich aufgrund eines mündlichen Aufhebungsvertrags aus dem Arbeitsverhältnis aus, so kann er sich Jahre später regelmäßig nicht mehr auf einen Verstoß gegen die gesetzliche Schriftformpflicht berufen. Die Berufung auf das Schriftformerfordernis ist in diesem Fall treuwidrig. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer bereits ein neues Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber eingegangen ist.

Sachverhalt
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten. 2007 wechselte die Klägerin auf eigenen Wunsch zu einem Schwesterunternehmen der Beklagten in die Schweiz. Die Beklagte verzichtete auf Einhaltung der Kündigungsfrist und schrieb der Klägerin, dass das Anstellungsverhältnis zum 30.7.2007 endet. Im August 2011 kündigte das Schwesterunternehmen der Klägerin. Daraufhin verklagte die Klägerin das Schwesterunternehmen auf eine Abfindung unter Anrechnung der Vorbeschäftigung, machte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend und nahm ein neues Arbeitsverhältnis in der Schweiz an.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied, anders als die Vorinstanz, dass die Klägerin keine Weiterbeschäftigung verlangen kann. Zwar ist das Arbeitsverhältnis 2007 nicht formwirksam beendet worden. Entgegen der gesetzlichen Schriftformbestimmung fehlt die Schriftform für den Aufhebungsvertrag. Hierauf kann sich die Klägerin aber wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht berufen. Es liegt ein widersprüchliches Verhalten vor. Denn der Klägerin wurde eine reibungslose Beendigung ihres Arbeitsverhältnis auf ihren Wunsch ermöglicht. Auf die schriftliche Bestätigung, die jedoch nicht der Schriftform genügt, da auch die Klägerin den Aufhebungsvertrag hätte unterschreiben müssen, hat diese nicht reagiert. Erst 4 Jahre später hat sich die Klägerin an den Formverstoß erinnert, was jedoch widersprüchlich zu ihrem Vorverhalten ist. Weiter hat die Klägerin durch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht, dass sie nie an den Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses geglaubt hat.

Konsequenz
Der Arbeitnehmer kann sich bei einem Formverstoß nicht "die Rosinen rauspicken", indem er 4 Jahre später einen Formverstoß rügt, der ihm vorher egal war und sogar seinem Willen entsprach. In einer solchen Situation widerspricht es Treu und Glauben, sich auf den Formverstoß zu berufen.

8. Wann ist eine Tatsache dem Finanzamt nachträglich bekannt geworden?

Kernaussage
Erklärt der Steuerpflichtige nicht entweder einen Veräußerungsgewinn selber oder alle für die Ermittlung des Gewinns relevanten Zahlen in seiner Steuererklärung, so verletzt er gegenüber dem Finanzamt seine Mitwirkungspflicht. Erfährt das Finanzamt dann nachträglich von diesem Gewinn, so kann es einen einmal erlassenen bereits bestandskräftigen Einkommenssteuerbescheid ändern.

Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2003 Anteile an einer GmbH aus einem Insolvenzverfahren unter Einsatz von 179.000 Euro erworben. Im Jahr 2006 erhielt der Kläger Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagenkonto der GmbH in Höhe von 1,4 Mio. Euro. In seiner Steuererklärung 2006 machte der Kläger weder Angaben zu Ausschüttungen und Anschaffungskosten noch legte er eine Gewinnermittlung vor. Er fügte lediglich eine Steuerbescheinigung der GmbH über die Zahlung der 1,4 Mio. Euro bei. Im Rahmen einer nachfolgenden Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die aus dem Einlagenkonto zugeflossenen Zahlungen die Anschaffungskosten der Anteile überstiegen haben. Das Finanzamt wertete dies als Veräußerungsgewinn und passte den Steuerbescheid entsprechend an.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte das Vorgehen des Finanzamts. Voraussetzung für die Änderungsmöglichkeit ist, dass dem Finanzamt nachträglich neue Tatsachen bekannt werden. Als neu gelten Tatsachen, die dem Finanzamt bei Abschluss des Steuerbescheides nicht bekannt waren. Neu ist eine Tatsache hingegen nicht, wenn sie dem Finanzamt bei ordentlicher Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Im Rahmen dieser Ermittlungspflicht muss der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht durch richtiges, vollständiges Ausfüllen der Steuererklärung nachkommen. Zwar verlangt der Amtsermittlungsgrundsatz, dass das Finanzamt allen Zweifelsfragen, die sich offenkundig aufdrängen, nachgehen muss; allerdings stellt der Bundesfinanzhof klar, dass eine mögliche Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Finanzamtes hier dahinstehen kann. Denn der Kläger hatte seiner Mitwirkungspflicht ebenfalls nicht ausreichend genügt, da es an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Deutlichkeit der Steuererklärung mangelte.

Konsequenz
Der Bundesfinanzhof präzisiert die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen für Ausschüttungsgewinne. Die Vorlage einer Steuerbescheinigung über rückgezahlte Beträge reicht nicht aus. Es sind alle relevanten Daten anzugeben, die erforderlich sind, um dem Finanzamt eine Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens zu ermöglichen. Verletzt der Steuerpflichtige diese Pflicht zum richtigen, vollständigen und deutlichen Ausfüllen der Steuererklärung, verhindert auch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Finanzamtes nicht die nachträgliche Änderung des Steuerbescheides.

9. Private Steuerschulden im Todesjahr sind abziehbare Nachlassverbindlichkeiten

Hintergrund
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Mitte 2012 entschieden, dass vom Erblasser herrührende Einkommensteuerverbindlichkeiten – und zwar auch solche für das Todesjahr, in dem die Einkommensteuerschuld dem Grunde nach noch nicht entstanden war – als Nachlassverbindlichkeiten die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer mindern.

Erlassinhalt
Das Finanzministerium Baden-Württemberg hat nunmehr mittels Erlass und mit Wirkung für die Finanzverwaltung dieses Urteil des BFH in eine Verwaltungsanweisung umgesetzt und damit die Finanzverwaltung zur Beachtung der Rechtsprechung verpflichtet. Die noch anders lautende Regelungen in den Erbschaftsteuerrichtlinien verliert damit ihre Wirksamkeit.

Konsequenz
In allen noch offenen Fällen sind sämtliche vom Erblasser herrührende Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeit mindern zu berücksichtigen.

10. BFH begünstigt Leerstandszeiten bei untervermieteten Räumen

Kernproblem
Ist die Vermietung einer Wohnung auf Dauer beabsichtigt, können auch Werbungskosten in einer Leerstandsphase steuerlich geltend gemacht werden. Stutzig wird das Finanzamt jedoch, wenn ein Objekt längere Zeit, womöglich Jahre leersteht. Hier stellt sich dann die Frage, ob die Vermietungsabsicht nicht aufgegeben wurde. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Vermietungsbemühungen an den Markt anzupassen oder zu intensivieren sind. Besonderheiten gibt es auch bei der Vermietung von Ferienwohnungen. Wegen der Trennung zu den Kosten der privaten Lebensführung sind strengere Anforderungen zu erfüllen, falls die Wohnung auch selbstgenutzt werden kann. Die hierauf beruhende Rechtsprechung wurde jetzt in einem weiteren Fall vom BFH angewendet, in dem es um die Untervermietung einzelner Räume einer Wohnung ging. Streitpunkt waren auch hier die Leerstandszeiten.

Sachverhalt
Ein Lehrer und Bewohner einer fast 190 qm großen Wohnung mit 6 Wohnräumen nutze 2 Zimmer selbst und vermietete 4 Zimmer mit Unterbrechungen an verschiedene Untermieter weiter. Gemeinschaftseinrichtungen (Flur, Küche, Bad) wurden gemeinsam genutzt. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er den Abzug der Aufwendungen für die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer. Die Kosten der Gemeinschaftseinrichtungen teilte er nach (5) Köpfen auf. Das Finanzamt wich davon ab, indem es die Leerstandszeiten der Privatnutzung zurechnete und alle Gemeinschaftskosten nach Fläche aufteilte. Der dagegen eingelegten Klage gab das Finanzgericht nur insoweit statt, als es die Aufteilung der Gemeinschaftskosten nach Köpfen akzeptierte. Der Lehrer zog daraufhin vor den BFH.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH sind die Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen. Das gilt zumindest insoweit, wie nach vorheriger und auf Dauer angelegter Vermietung vorübergehend leerstehende Objekte weiterhin für eine Neuvermietung bereitgehalten werden. Eine theoretische Selbstnutzungsmöglichkeit steht dem nicht entgegen. Der BFH orientiert sich dabei an seiner Rechtsprechung zur Vermietung von Ferienwohnungen. Denn auch hier ist bei in Eigenregie oder durch einen Dritten ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietete und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltene Wohnungen ohne weitere Prüfung von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen und Leerstandszeiten der Vermietungstätigkeit zuzurechnen.

Konsequenz
Neben der Anwendbarkeit bei der Vermietung von Messezimmern gelten die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ferienwohnung jetzt auch bei Untervermietung von einzelnen Räumen. Aber Vorsicht: Werden Räume oder Wohnungen auch selbstgenutzt (oder wie bei Ferienwohnungen eine Selbstnutzung vorbehalten), muss eine Prognose über die Einkunftserzielungsabsicht entscheiden. Im Fall von Ferienwohnungen haben es diejenigen besser, die sich keine Selbstnutzung vorbehalten, es aber dennoch tun und trotzdem den Vermietungsdurchschnitt der Ferienregion erreichen. Das ist zwar ungerecht und wird vom BFH zurzeit geprüft, hat aber noch Bestand.

11. Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Kernaussage
Selbstständig tätige Prostituierte erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell entschieden und damit seine frühere Auffassung aufgegeben, nach der Prostituierte aus "gewerbsmäßiger Unzucht" keine gewerblichen, sondern sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes) erwirtschafteten.

Sachverhalt
Die Klägerin war seit dem Streitjahr 2006 als Prostituierte tätig und bot Dritten ihre Dienste gegen Entgelt in einer eigens dafür gemieteten Wohnung an. Ihre Betriebseinnahmen beliefen sich im Streitjahr einschließlich der Umsatzsteuer auf etwa 64.000 EUR und die Betriebsausgaben auf ca. 26.000 EUR. Das beklagte Finanzamt behandelte den aus der Prostitution erzielten Gewinn in Höhe von 38.115 EUR nicht – wie erklärt – als sonstige Einkünfte, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 152 EUR fest. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht hatte zwar noch Erfolg; der BFH teilte jedoch schließlich die Ansicht des Finanzamts.

Entscheidung
Das Bundesfinanzministerium hat im vorliegenden Verfahren mitgeteilt, die Auffassung, dass selbständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, werde schon seit längerer Zeit vertreten. Diese Ansicht wird auch allgemein von der Literatur geteilt. Dem schloss sich der BFH nun mit folgender Begründung an: Unter einem Gewerbebetrieb ist jede selbständige nachhaltige Tätigkeit zu verstehen, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, falls sie den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet und es sich nicht um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder einer selbständigen Arbeit handelt. Selbständig tätige Prostituierte erfüllen diese Voraussetzungen; sie nehmen insbesondere in Abweichung von der früher vertretenen Auffassung des BFH auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil; die Prostitution kann in Gestalt eines "sich am wirtschaftlichen Verkehr beteiligenden Unternehmens" betrieben werden. Prostituierte erzielen auch keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Konsequenz
Der BFH folgte mit seiner nunmehr getroffenen Entscheidung der in der Verwaltung und der Literatur allgemein vertretenen Auffassung, nach der Prostituierte mit ihrer Tätigkeit einen Gewerbebetrieb unterhalten.

12. Grundstücksübertragung ohne Zustimmung des Ehegatten?

Kernaussage
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof kürzlich: Wenn ein im gesetzlichen Güterstand lebender Grundstückseigentümer über ein ihm gehörendes Grundstück ohne Zustimmung des Ehegatten verfügt, darf das Grundbuchamt seine Verfügungsbefugnis nur anzweifeln, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der gesetzlichen Einschränkung bestehen.

Sachverhalt
Die Ehefrau lebte mit ihrem Ehemann im gesetzlichen Güterstand. Sie besaß ein Grundstück sowie zur Hälfte das mit ihrem Ehemann bewohnte Haus. Mit notariellem Erbvertrag aus Juni 2006 setzte die Ehefrau ihren Sohn zu ihrem alleinigen Erben ein. Außerdem erklärte sie in der notariellen Urkunde, sie beabsichtige, den Grundbesitz schon zu Lebzeiten auf ihn zu übertragen. Für den Fall, dass die beabsichtigte Grundstücksübertragung nicht bis Ende 2010 zu notariellem Protokoll erklärt worden sei, erteile sie dem Sohn unwiderrufliche Vollmacht, den Grundbesitz auf sich zu übertragen. Der Ehemann wies 2010 das Grundbuchamt darauf hin, dass die Übertragung seiner Zustimmung bedürfe, da das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen der Ehefrau darstelle. Es habe einen Wert von ca. 2,5 bis 4 Mio. EUR, das restliche Vermögen der Ehefrau betrage etwa 260.000 EUR. Nachdem der Sohn das Grundstück auf sich übertragen hatte, wurde er im Grundbuch eingetragen. Den Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs lehnte das Grundbuchamt ab.

Entscheidung
Der BGH wies die Beschwerde – wie auch zuvor das OLG – gegen die Ablehnung des Eintrags eines Amtswiderspruchs ab. Das Grundbuchamt hat keine gesetzlichen Vorschriften verletzt. Das Zustimmungsbedürfnis bildet die Ausnahme von der freien Verfügungsbefugnis des Ehegatten. Es greift, wenn Eheleute sich verpflichten, über das Vermögen im Ganzen zu verfügen. Das Grundbuchamt ist nur dann zu einer Beanstandung verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmung vorliegen. Hier enthielt die Urkunde aus Juni 2006 kein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft, da es sich nur um eine Absichtserklärung handelte. Auch die Vollmacht ist, anders als das Geschäft des Vertreters, nicht von der gesetzlichen Verfügungsbeschränkung erfasst. Schließlich hat der Ehemann auch 2010 nicht nachgewiesen, dass das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen ausmacht. Es fehlen auch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Sohn – auch wenn eine solche Kenntnis bei engen Verwandten nahe liegt – Kenntnis davon hatte, dass ein Gesamtvermögensgeschäft vorlag.

Konsequenz
Bei Gesamtvermögensgeschäften ist es für den anderen Ehegatten entscheidend, dass er den Nachweis darüber erbringt.

13. Eigene Geschäfte des Arbeitnehmers mit Kunden rechtfertigt fristlose Kündigung

Kernfrage
Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Dienste und Leistungen anbieten. Insoweit erwächst aus dem Arbeitsvertrag während der Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu befinden, ob ein Wettbewerbsverstoß durch den Arbeitnehmer dessen fristlose Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen könne, und zwar selbst dann, wenn der eigentliche Wettbewerbsverstoß bereits Jahre her, aber dem Arbeitgeber nicht bekannt war.

Sachverhalt
Der Kläger hatte für seinen Arbeitgeber einen Begutachtungsauftrag durchgeführt. Die anschließende Reparatur beim Kunden führte er "schwarz" auf eigene Rechnung durch. Als der Arbeitgeber im Rahmen einer Reklamation der Reparaturmaßnahme 3 Jahre später von dem Vorfall erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht, weil der fristlose Kündigungsgrund einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit eröffnet sei. Denn Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Leistungen erbringen. Auch die Tatsache, dass bereits ein langjähriges Arbeitsverhältnis bestand, half dem Arbeitnehmer in der Interessenabwägung nicht. Darüber hinaus könne auch die Tatsache, dass zwischen eigentlichem Verstoß und Entdeckung Jahre vergangenen waren, nicht zugunsten des Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die 2-Wochen-Frist bei fristlosen Kündigungen, die gewahrt werden müsse, beginne erst mit Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen.

Konsequenz
Wird ein Arbeitnehmer für Kunden seines Arbeitgebers auf eigene Rechnung tätig, ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung in der Regel auch Jahre später noch gerechtfertigt.

14. Arbeitnehmer muss sein Zeugnis im Betrieb abholen

Rechtslage
Jedem Arbeitnehmer steht am Ende des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu. In der Regel wird es dem Arbeitnehmer zugeschickt; dies stellt aber dem Grunde nach eine Serviceleistung des Arbeitgebers dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jetzt grundsätzlich darüber befunden, wer verpflichtet ist, ein Zeugnis an welcher Stelle abzuholen bzw. zu übergeben.

Sachverhalt
Im Ergebnis handelt es sich bei der Entscheidung um eine sogenannte Kostenentscheidung, weil sich das Verfahren erledigt hatte. Zugrunde lag folgender Sachverhalt: Der Kläger hatte einen eigenen Zeugnisvorschlag vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber übersandt. Dieses Zeugnis sollte zunächst dem Kläger zugesandt werden, da der Zeugnistermin aber noch nicht erreicht war, teilte der Arbeitgeber dem Kläger zuletzt mit, das Zeugnis könne am Zeugnistermin (= Datum des letzten Arbeitstages) abgeholt werden. Als der Arbeitgeber nach Aufforderung zur Zusendung des Zeugnisses das Zeugnis nicht übersandte, erhob der Kläger Klage auf Zeugniserteilung. Im Gerichtstermin wurde das Zeugnis schließlich übergeben, worauf hin über die Kosten der Zeugniserteilungsklage zu entscheiden war.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht entschied zu Lasten des klagenden Arbeitnehmers. Wenn keine besondere Regelung, z. B. im Arbeitsvertrag, vorliegt und auch keine besonderen Umstände bestehen, die dafür sprechen, dass das Zeugnis auf einem besonderen Weg übergeben werden sollte, dann greifen die allgemeinen Regelungen, wonach die Leistung (= Übergabe des Zeugnisses) am Ort des Schuldners (= der Arbeitgeber) zu erbringen sei. Mit anderen Worten, bei der Zeugniserteilung handelt es sich dem Grunde nach um eine Holschuld des Arbeitnehmers.

Konsequenz
Für die Erteilung des Endzeugnisses gilt, dass es am letzten Arbeitstag am Sitz des Arbeitgebers zu übergeben ist. Eine Klage auf Zeugniserteilung ohne einen eigenen Abholversuch birgt damit die Gefahr, dass der Arbeitnehmer die Kosten des Rechtsstreits, wenn er in den Gerichtstermin geht, zu übernehmen hat.

15. Höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1.7.2013

Kernaussage
Ab dem 1.7.2013 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen. Erhöht werden die geschützten Beträge, die bei einer Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte nicht gepfändet werden dürfen.

Hintergrund
Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner auch bei einer Pfändung ihres Arbeitseinkommens ihr Existenzminimum sichern und die gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen können. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen wird jeweils zum 1.7 eines jeden zweiten Jahres an die Entwicklung des steuerlichen Freibetrags für das sächliche Existenzminimum angepasst. Zuletzt sind die Pfändungsfreigrenzen zum 1.7.2011 erhöht worden.

Konkrete Anpassungen
Der steuerliche Grundfreibetrag hat sich seit dem letzten Stichtag um 1,57 % erhöht. Hieraus ergibt sich eine entsprechende Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen. Ab dem 1.7.2013 beträgt der monatlich unpfändbare Grundbetrag 1.045,04 EUR (bisher: 1.028,89 EUR). Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 393,30 EUR (bisher: 387,22 EUR) für die erste und um jeweils weitere 219,12 EUR (bisher 215,73 EUR) für die zweite bis fünfte Person. Je höher die Zahl der Unterhaltsberechtigten ist, desto höher ist der pfändungsfreie Betrag. Wenn Schuldner mehr verdienen als den so ermittelten pfändungsfreien Betrag, verbleibt ihnen vom Mehrbetrag ebenfalls ein bestimmter Anteil.

Konsequenz
Die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen bilden den zentralen Bereich des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen. Zu beachten bleibt jedoch, dass bestimmte Einkommensbestandteile wie etwa Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen, aber auch unterschiedliche Formen von Renten- und Unterstützungsleistungen der Pfändung nicht oder nur bedingt unterworfen sind. Sonderregelungen gelten auch für die Pfändbarkeit im Fall der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen. Hier gelten die gesetzlich bezeichneten Pfändungsgrenzen nicht. Die Person, die ihre Unterhaltspflichten nicht erfüllt, muss im Fall der Zwangsvollstreckung mit deutlich weniger auskommen, als es sich nach den Beträgen der im Bundesgesetzblatt abgedruckten Tabellen ergibt. Besonderheiten gelten ebenfalls für den Fall der Kontopfändung. Ist das Arbeitseinkommen dem Schuldnerkonto gutgeschrieben, ist der gegen den Arbeitgeber gerichtete Zahlungsanspruch auf Arbeitslohn erfüllt. Stattdessen besteht nun gegenüber der kontoführenden Bank ein Anspruch auf Auszahlung der überwiesenen Beträge. Dieser Anspruch ist nicht in gleicher Weise geschützt wie das Arbeitseinkommen selbst. Kontopfändungsschutz wird seit dem 1.1.2012 ausschließlich durch das Pfändungsschutzkonto (P-Konto) gewährleistet. Solche können nur für natürliche Personen vereinbart werden. Beim P-Konto erhält der Schuldner ohne gerichtliches Verfahren einen automatischen Sockel-Pfändungsschutz, der ab 1.7.2013 1.045,04 Euro beträgt.

16. Welche Entfernungspauschale gilt für Reisetage: ganze oder halbe?

Kernaussage
Wird aufgrund einer Dienstreise lediglich die Hin- oder Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen der so genannten Pendlerpauschale durchgeführt, steht dem Steuerpflichtigen die Entfernungspauschale in unverminderter Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer zu.

Sachverhalt
Ein Steuerberater trat an verschiedenen Tagen aufgrund von vor oder im Anschluss an Mandantenbesuche stattfindenden Büroaufenthalten (Dienstreise) lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Büro machte er die tatsächlichen Kosten geltend. Das Finanzamt gewährte ihm daraufhin jedoch lediglich den Abzug der Pendlerpauschale unter Berücksichtigung der halben Pendlerpauschale in Höhe von 0,15 EUR je Entfernungskilometer. Im Anschluss an das erfolglose Einspruchsverfahren legte der Steuerpflichtige Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster ein.

Entscheidung
Die Münsteraner Richter entschieden, dass die Fahrten nicht mit den tatsächlich hierfür angefallenen Kosten, sondern nur nach den Grundsätzen der Pendlerpauschale berücksichtigt werden können. Die Regelungen zur Pendlerpauschale rechtfertigten jedoch nicht die durch das Finanzamt vorgenommene hälftige Kürzung der Kosten je Entfernungskilometer, sodass auch an Tagen einfach durchgeführter Fahrten die volle Pendlerpauschale in Höhe von 0,30 EUR zu gewähren sei. Die Richter begründeten ihre Auffassung mit der Gesetzesformulierung, aus der sich unmissverständlich ergebe, dass die Pendlerpauschale unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt werde, welches Verkehrsmittel benutzt oder welche Kosten tatsächlich angefallen seien, in voller Höhe berücksichtig werde.

Konsequenz
Die Sichtweise des Finanzgerichts muss für Arbeitnehmer entsprechend gelten. Für sie kann das Urteil zu einer erhöhten Pauschalierungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Arbeitgeber führen. Die Pauschalierung der Lohnsteuer mit einem Steuersatz von 15 % ist auf den Betrag der geltend zu machenden Pendlerpauschale beschränkt. Führt der Arbeitnehmer an einem Tag lediglich eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch, könnte die Pauschalierung somit trotzdem in Höhe der regulären Pendlerpauschale erfolgen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

17. Bankmitarbeiter haften nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

Kernaussage
Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an der Tat durch Hilfeleistung teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die darauf entfallenden Zinsen. Im Zusammenhang mit anonymisierten Kapitaltransfers ins Ausland setzt die Feststellung einer Steuerhinterziehung voraus, dass der jeweilige Inhaber des ins Ausland transferierten Kapitals daraus in der Folge Erträge erzielt hat, die der Besteuerung im Inland unterlagen, dass er z. B. unrichtige Angaben in seiner Steuererklärung gemacht, dadurch Steuern hinterzogen und dabei vorsätzlich gehandelt hat. Hierzu entschied der Bundesfinanzhof (BFH) Anfang diesen Jahres, dass Bankmitarbeiter nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung belangt werden können, wenn die mutmaßlichen steuerpflichtigen Bankkunden anonym bleiben.

Sachverhalt
Der Kläger hatte 1992 und 1993 als Leiter der Wertpapierabteilung eines deutschen Kreditinstituts daran mitgewirkt, dass Kunden Wertpapiere unter Verschleierung ihrer Identität nach Luxemburg und in die Schweiz transferieren konnten. Dies diente dazu, der 1991 in Deutschland eingeführten Zinsabschlagssteuer zu entgehen. Steuerstrafrechtliche Ermittlungen bei dem Kreditinstitut brachten zwar den Umfang des auf diesem Weg anonym ins Ausland transferierten Vermögens zu Tage. Es gelang jedoch nicht, sämtliche dahinterstehenden Kunden namentlich zu enttarnen. Von den enttarnten Kunden hatte nahezu keiner die im Ausland erzielten Kapitalerträge in seiner Steuererklärung angegeben. Das Finanzamt übertrug die Erkenntnisse über die enttarnten Kunden auf die nicht enttarnten Kunden und nahm den Kläger unter Anwendung eines großzügigen Sicherheitsabschlags für die von den nicht enttarnten Wertpapierkunden mutmaßlich hinterzogene Einkommensteuer auf im Ausland erzielte Kapitalerträge in Haftung.

Entscheidung
Hiergegen wehrte sich der leitende Bankmitarbeiter und gewann. Die BFH-Richter führten aus, allein die Tatsache des anonymen Kapitaltransfers reiche nicht aus, um eine hinreichend sichere Überzeugung davon zu gewinnen, dass die nicht enttarnten Kunden die Einkommensteuer auf im Ausland erzielte Kapitaleinkünfte hinterzogen hätten. Auch die Erkenntnisse aus der Gruppe der enttarnten Kunden könnten für die Gruppe der anonym gebliebenen Kunden konkrete tatsächliche Feststellungen nicht ersetzen. Dies gehe zu Lasten der Finanzverwaltung, die hierfür die Feststellungslast trage.

Konsequenz
Trotz der Tatsache, dass eine Bank die Möglichkeit des anonymisierten Geldtransfers ins Ausland anbietet, haften Mitarbeiter dieser Bank nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wenn die Kunden nicht enttarnt werden können. Es existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass, wer Kapital anonym ins Ausland verbringt, auch in der Steuererklärung unrichtige Angaben der daraus erzielten Erträge macht. Interessant ist aber, dass der BFH im Urteil offen gelassen hat, ob eine Steuerhinterziehung unter anderen tatsächlichen Voraussetzungen auch ohne namentliche Kenntnis des Haupttäters in Betracht kommt.

18. Zur Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben

Kernproblem
Steuerberatungskosten, die einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit steuerlich relevanten Einkünften entstehen, sind einkommensteuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Für private Steuerberatungskosten bis einschließlich zum Veranlagungsjahr 2005 galt ein gesetzlicher Abzug als Sonderausgaben. Hierunter fielen z. B. der Gebührenanteil des Steuerberaters für den Mantelbogen bei Erstellung der Einkommensteuererklärung oder für eine Erbschaftsteuererklärung. Seit dem Jahr 2006 ist die steuerliche Berücksichtigung der privaten Steuerberatungskosten komplett gestrichen worden. Natürlich sind hiergegen Interessenvertreter von Beratern und Steuerzahlern vorgegangen, so dass es eine Fülle von Einsprüchen gegen die Einkommensteuerbescheide ab 2006 gab. Darin wurde insbesondere der Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip angeprangert. Mittlerweile ist der Einspruch nicht mehr erforderlich, weil die Steuerbescheide eine Vorläufigkeit hinsichtlich des Abzugs privater Steuerberatungskosten vorsehen. Die Rechtsbehelfe sind überwiegend beim Bundesfinanzhof (BFH) angelangt und dort abgewiesen worden. Wie geht es hinsichtlich eines eigenen Einspruchs weiter?

Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden
Das Bundesfinanzministerium hat am 2.4.2013 auf seiner Internetseite eine Allgemeinverfügung zur Zurückweisung der Einsprüche und Änderungsanträge veröffentlicht, die wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten eingelegt bzw. gestellt worden sind. Aber was hat das für eine Bedeutung? Normalerweise müssten alle Einsprüche durch eine Einspruchsentscheidung entschieden werden. Um dieses Massenverfahren zu vermeiden, bietet das Gesetz die Möglichkeit der Allgemeinverfügung, wovon die Finanzverwaltung in diesem Fall Gebrauch gemacht hat. Will man persönlich hiergegen vorgehen, muss beim Finanzgericht geklagt werden. Die Frist dafür beträgt allerdings 1 Jahr und beginnt mit Herausgabe des Bundessteuerblatts, in dem die Allgemeinverfügung veröffentlicht wird.

Konsequenz
Nachdem der BFH in mindestens 3 Urteilen entschieden hat, dass die Aufhebung der steuerlichen Berücksichtigung privater Steuerberatungskosten kein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt, und hiergegen offensichtlich auch keine Verfassungsbeschwerden eingereicht wurden, hat eine Klage zurzeit wenig Aussicht auf Erfolg. Da die Klagefrist 1 Jahr beträgt, kann die weitere Entwicklung abgewartet werden.

19. Kein steuerlicher Wohnsitz bei Standby-Wohnung

Kernproblem
Natürliche Personen sind in Deutschland mit ihrem Welteinkommen steuerpflichtig, wenn sie entweder ihren Wohnsitz und/oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Nach der gesetzlichen Definition hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ob diese Voraussetzungen auch erfüllt sind, wenn ein Pilot im Inland nur eine so genannten Standby-Wohnung angemietet hat, war Ende 2012 Gegenstand eines Finanzgerichtverfahrens.

Sachverhalt
Kläger ist ein Pilot, der als europäischer Nicht-EU-Bürger in der Nähe eines deutschen Flughafens im Wechsel mit anderen Piloten eine Standby-Wohnung angemietet hatte. Hierdurch erfüllte er seine arbeitsvertragliche Pflicht, wonach er auf Abruf seines Arbeitgebers innerhalb von 60 Minuten den Flugdienst anzutreten hat. Hauptmieter war ein Kollege des Klägers. Der Mietvertrag war dabei so ausgestaltet, dass maximal 3 Personen gleichzeitig die Wohnung benutzen durften. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Standby-Wohnung einen Wohnsitz begründe, mit der Folge, dass der Kläger in Deutschland nicht nur – wie geschehen – den Inlandsanteil seines Arbeitslohns, sondern vielmehr seine gesamten Einkünfte zu versteuern habe. Gegen den erlassenen Lohnsteuernachforderungsbescheid legte der Pilot erfolgreich Klage ein.

Entscheidung
Nach Auffassung des Gerichts begründet eine Person, die wie der Kläger eine Wohnung im ständigen Wechsel mit anderen Personen nutzt, dort in aller Regel keinen steuerlichen Wohnsitz. Entscheidende Bedeutung maßen die Richter dem Umstand bei, dass der Kläger die Wohnung nur dann nutzen konnte, wenn diese nicht zuvor von 3 anderen Kollegen in Beschlag genommen wurde. Damit fehle es aber an der Möglichkeit, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht uneingeschränkt über die Wohnung verfügen zu können. Eine gemeinsame Nutzungsmöglichkeit, wie z. B. in einer Wohngemeinschaft, habe ebenfalls nicht bestanden, da der Kläger immer damit rechnen musste, sich anstelle der Standby-Wohnung ein anderes Übernachtungsquartier suchen zu müssen.

Konsequenz
Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger im Inland einen Wohnsitz begründet, lässt sich regelmäßig nur aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmen. Im Fall des Piloten mit einer Standby-Wohnung sind die Voraussetzungen nach Auffassung des Finanzgerichts Hessen nicht erfüllt. Gegen die Entscheidung ist zwischenzeitlich Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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